Doppelter AufwandBergisch Gladbacher Wahlbenachrichtigungen zur Europawahl verspäten sich

Lesezeit 4 Minuten
Drei Wahlkabinen stehen nebeneinander. In der mittleren Kabine sieht man die Füße eines Wählers.

Im früheren Konferenzsaal des Zanders-Vorstands im Verwaltungsgebäude befindet sich diesmal das einzig verbliebene Direktwahlbüro in Bergisch Gladbach mit drei Wahlkabinen.

Am Montag nutzen nur wenige Wähler das Angebot der Direktwahl. Wird die Frist verpasst, droht eine Neuwahl. 

In Bergisch Gladbach verzögert sich der Versand der Wahlbenachrichtigungen für die Europawahl. Sind die Unterlagen bis zur gesetzlichen Frist am 19. Mai nicht zugestellt, liegt ein Wahlfehler vor –   mit der möglichen Konsequenz einer Neuwahl in Bergisch Gladbach. Kein Wunder, dass im Direktwahlbüro am Montag der große Ansturm ausblieb. Denn die Gladbacher haben die Unterlagen noch gar nicht bekommen.

Es ist ein ruhiger Vormittag im Direktwahlbüro im ehemaligen Zanders-Hauptverwaltungsgebäude. Dort können die Gladbacher ihre Stimme zur Europawahl schon vor dem eigentlichen Wahltermin am 9. Juni abgeben – im Erdgeschoss in einem historischen Konferenzsaal des Vorstands der früheren Papierfabrik Zanders. Frank Bodengesser, Leiter des städtischen Wahlbüros, ist nicht zufrieden: „Wir machen es den Menschen durch die spätere Zustellung schwerer, wählen zu gehen“, bedauert er.

Wahlbenachrichtigungen mussten neu gedruckt und frankiert werden

Für die Stadt fallen doppelte Kosten an. Denn alle Wahlunterlagen seien bereits gedruckt, eingetütet und frankiert gewesen, berichtet Bodengesser. Dann revidierte die Stadtverwaltung am 6. Mai aufgrund vieler Beschwerden ihre Entscheidung, fünf Wahllokale zu schließen. Für alle 84.928 Wahlberechtigten in Bergisch Gladbach mussten die Wahlbenachrichtigungen neu gedruckt werden. Auf den doppelten Kosten für Druck und Versand bleibt die Stadt sitzen.

Schlimmer wären die Folgen aber, wenn die Briefwahlunterlagen nicht bis zum 19. Mai in den Briefkästen landen. Dann könnte die Wahl angefochten werden. „Ich hoffe, dass das gut geht“, sagt Bodengesser. Andernfalls müsste in Bergisch Gladbach neu gewählt werden.

Der Mitarbeiter der Stadt sitzt am Computer. Die Wählerin füllt ein Formular aus.

Bettina Trant ist als eine der ersten morgens im Direktwahlbüro auf Zanders. Mitarbeiter Lars König hilft bei Fragen.

Das Angebot, einfach spontan ins Direktwahlbüro zu kommen und sein Kreuzchen zu machen, ist bei vergangenen Wahlen sehr gut angenommen worden. Mitbringen muss man den Personalausweis. „Die Anträge haben wir hier. Sie können leicht und schnell ausgefüllt werden können“, erklärt Bodengesser.

„Ich bin sehr dankbar für diesen Service“, sagt Bettina Trant, eine der ersten, die am Montagmorgen 10.20 Uhr ins Wahlbüro kommt. Übermorgen fahre sie in den Urlaub, berichtet sie. Sie hätte sonst keine Gelegenheit mehr gehabt, zu wählen. Auf der städtischen Homepage sei sie auf das Angebot aufmerksam geworden. Kurzentschlossen setzte sie sich aufs Rad und fuhr los. „Es ist mir so wichtig, meine Stimme abzugeben.“

Der Wahlleiter mit Stimmzetteln in der Hand.

Frank Bodengesser, Leiter des Wahlbüros Bergisch Gladbach, wünscht sich, dass die Direktwahlbüros in Refrath und Bensberg wieder aufmachen könnten.

Wahlhelfer Lars König (24) ist beim Eintüten behilflich, nachdem Bettina Trant in einer der drei Kabinen ihr Kreuzchen gemacht hat. Der Stimmzettel, insgesamt 34 Parteien stehen zur Auswahl, kommt in den weißen Umschlag, der weiße Umschlag in den roten Umschlag. Und dann noch der Gang zur blauen Urne. Fünf Minuten später ist sie durch die Tür. „Jetzt kann ich beruhigt, meine Reise antreten“, verabschiedet sich die Gladbacherin, nicht ohne das schöne Ambiente des Saals mit Ölgemälden, die Familienmitglieder der Papierfabrik zeigen, zu würdigen.

„Ich bin der Meinung, das Wahlbüro muss zu den Wählern kommen“, betont Bodengesser. Diese Idee steckt hinter dem Service seiner Direktwahlbüros, von ihm DiWaBüs genannt. „Sich nicht groß auf den Wahlgang vorzubereiten, sondern dies mit dem Alltag zu verbinden.“ Außerdem entlaste jede Person, die schon jetzt sozusagen in personalisierter Briefwahl wähle, die Wahlvorstände am Wahlsonntag.

Parkplatz wird für Pfingstkirmes gebraucht

Deshalb sei er mit der Entscheidung der Stadt, aus Kostengründen die Anzahl der Direktwahlbüros von drei auf eins zu kürzen, nicht einverstanden. Wie berichtet, kann die Stadt auf diese Weise 86.000 Euro im Jahr 2024 sparen. In Bensberg und Refrath werden die eigens angeschafften Container nicht aufgestellt. In der Innenstadt gibt es den Ortswechsel auf das Zanders-Gelände wegen der Pfingstkirmes: Der Parkplatz am Stadthaus, wo sonst der Wahl-Container stand, ist für die Wagen der Schausteller reserviert.

„Wir sollten uns nicht verstecken“, meint Bodengesser, eine Anspielung auf den etwas abseits vom Zentrum gelegenen neuen Standort. Er hoffte, dass sich der Ortswechsel schnell herumspreche.

Bodengesser schlägt Stadtteilbüros als Wahlbüros vor

Um darauf aufmerksam zu machen, schlägt er zum Beispiel vor, einen Teil des Parkplatzes freizuhalten, damit die Leute kurz anhalten können. Außerdem könnte man überlegen, das Direktwahlbüro auch mal abends aufzumachen, wenn der Spazierweg durch das Fabrikgelände für die Bevölkerung geöffnet wird.

Um mehr Menschen zu animieren, wählen zu gehen, setzt sich Bodengesser dafür ein, auch in Bensberg und Refrath wieder Möglichkeiten zu schaffen, abseits vom Wahlsonntag wählen zu können. „In den beiden Stadtteilbüros ist noch Platz. Wenn es gewünscht ist, könnten wir sofort loslegen“, sagt er.

„Sonst sind die DiWaBüs bereits am ersten Tag regelrecht überrannt worden“, erinnert sich Bruno Heider, langjähriger Wahlhelfer. Am Montag sind es 21 Wählerinnen und Wähler gewesen, die das Angebot genutzt haben.


Wählen auf Zanders 

Das Direktwahlbüro befindet sich im Erdgeschoss des Verwaltungsgebäudes, An der Gohrsmühle 25, barrierefreier Eingang vor der Schranke links. Die Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9 bis 18 Uhr, Samstag: 10 bis 13 Uhr.

Das Mitbringen der unterschriebenen Wahlbenachrichtigung ist sinnvoll, aber nicht notwendig. Anträge sind vorrätig. Es reicht ein Personalausweis.

84.928 Personen sind bei der Europawahl am 9. Juni in Bergisch Gladbach wahlberechtigt, davon sind 44.487 weiblich, 1909 sind 16- und 17-jährige Erstwähler und 387 Unionsbürger. (ub)

KStA abonnieren